Ausstellung

Abbildung als Verweis auf das Ausstellungsstück Vor einem dunkeln Hintergrund steht eine rosa Kugel mit 5 großen Löchern, aus der Mutterkrautpflanzen wachsen. In die Kugel sind rund herum 100 rosa gebogene Trichterformen aus gebrannter Keramik gesteckt. In jeder sitzt ein bunter Flummi. Das Objekt steht auf drei Beinen. Unter ihm liegen noch mehr Flummis und gebogene rosa keramische Trichterformen.
Renate Liebel, Mutterkraut, 2021. Foto: Tommy West

Mothers*, Warriors, and Poets: Fürsorge als Widerstand

Mit Werken von Anna Gohmert, Renate Liebel, Marie Lienhard, Anna Schiefer und Julia Wirsching.

Kuratiert von Sascia Bailer und Didem Yazıcı

Vom 21. Mai – 9. Juli 2023 im StadtPalais – Museum für Stuttgart

Frauen* – insbesondere Mütter* – leisten weiterhin den Großteil un(ter)bezahlter Sorgearbeit, sei es im privaten oder im öffentlichen Bereich. Im Kunstbetrieb werden diese Ungleichheiten im Zusammenhang mit Sorgeverantwortung noch verstärkt; der Gender Pay Gap im Kunstbereich liegt höher als im gesamt-gesellschaftlichen Durchschnitt und Diskriminierung aufgrund von Sorgearbeit ist weit verbreitet: „Sex, Tod, Politik: Die Kunst kann heute alles zeigen. Aber Kinder? Sie sind kein Thema. Vor allem für ihre Mütter gelten sie als Karrierekiller“, so die Kunstkritikerin Elke Buhr im Kunstmagazin Monopol.

Unser künstlerisch-aktivistisches Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm setzt sich gegen solche hartnäckigen, patriarchalischen Narrative zur Wehr, da sie festzuschreiben scheinen, wie Fürsorge in unserer Gesellschaft organisiert wird – und dadurch nur weiterhin Menschen ausschließt, die Fürsorge leisten. Indem wir also feministische Ethiken der Fürsorge in den Vordergrund stellen – durch künstlerische Arbeiten und diskursive Formate – wollen wir diese diskriminierenden Erzählungen in Frage stellen und gemeinsam Gegenentwürfe ausloten:

Die Ausstellung zeigt fünf Stuttgarter Künstlerinnen, die ebenfalls Mütter* sind, mit Arbeiten, die sich mit Fürsorge, reproduktiver Gerechtigkeit, gesellschaftlichen Rollenerwartungen, Naturheilkunde, Verletzlichkeit und Abhängigkeitsverhältnissen auseinandersetzen.

Die Ausstellung wird durch ein Veranstaltungsprogramm eröffnet, das Antworten auf die Frage sucht: Welche strukturellen Veränderungen im Kunstbereich sind notwendig, um den Lebenswirklichkeit von Künstler*innen mit Sorgeverantwortungen gerecht zu werden?

In Vorträgen, Performances und Workshops sind die Teilnehmenden eingeladen, über die Beziehung von Kunst und Fürsorge zu lernen und kollektiv Strategien und Forderungen auszuloten, wie den Bedürfnissen von Sorgearbeitenden in der Kunst Rechnung getragen werden kann.

„Mothers*, Warriors, and Poets: Fürsorge als Widerstand“ verfolgt das Ziel, kunstschaffende Eltern in der Region zu vernetzen – und alle, die für diese Themen Sorge tragen möchten. Kunstschaffende mit Sorgeverantwortung sollen in ihrer Arbeit und ihren Rahmenbedingungen bestärkt werden; bestehende Initiativen und Widerstandsenergien sollen zusammengebracht werden, um ein kollektives Manifest für einen gerechteren Kunstsektor in Stuttgart und Umland zu verfassen.

„Mothers*, Warriors, and Poets“ ist eine künstlerisch-aktivistische Plattform, die von den Stuttgarter Künstlerinnen Anna Gohmert, Renate Liebel und Marie Lienhard gegründet wurde, um die Beziehung zwischen künstlerischer Produktion und Mutterschaft* zu hinterfragen und neu zu verhandeln.

Der Name der Platform ist inspiriert von der Selbstbeschreibung der Schwarzen Feministin Audre Lorde, “black, lesbian, mother, warrior, poet.” Für Lorde war es von zentraler Bedeutung, sich mit mehreren Begriffen gleichzeitig zu beschreiben, da diese die Komplexität ihrer Identität als auch ihrer Kämpfe als Schwarzer Feministin, Künstlerin, und Mutter* aufzeigt – Eine Mutter*-Künstler*in zu sein bedeutet, gleichzeitig eine Krieger*in zu sein, und radikal und sinnbildlich wie eine Dichter*in zu denken. Für diese Ausgabe von „Mothers*, Warriors, and Poets“ luden die drei Initiatorinnen der Plattform die Künstlerinnen Anna Schiefer und Julia Wirsching ein, sowie Didem Yazıcı und Sascia Bailer als Kuratorinnen – alle lassen sich als freie Kulturschaffende mit Sorgeverantwortung in Baden-Württemberg verorten.

*Wir verwenden den Begriff Mutter mit einem *, um diesen für alle Menschen mit Sorgeverantwortung zu öffnen.

Kontext der Ausstellung

Das gesamte StadtPalais – Museum für Stuttgart verwandelt sich im Frühjahr 2023 für sechs Monate in das „FemPalais – Festival der Frauen*“.

Inhaltlich sind alle Ausstellungen, Veranstaltungen und Formate ausschließlich Stuttgarter Frauen* gewidmet und werden von Frauen* geleitet, geplant und umgesetzt. Mit einem multiperspektivischen und intersektionalen Ansatz macht das Festival Frauen* sichtbar, welche die Geschichte der Stadt Stuttgart und über den Kessel hinaus in der Vergangenheit geprägt haben und die Stadt Stuttgart in Gegenwart und Zukunft mitgestalten. Es entsteht ein Festival, das möglichst viele Mädchen* und Frauen* mit ihren Söhnen*, Brüdern* und Vätern* zu einem Besuch anregen und begeistern soll.

„FemPalais“ hat für eine der Ausstellungen “Mothers*, Warriors, and Poets”  eingeladen, um wichtige feministische Aspekte und Beiträge in Stuttgart und darüber hinaus zu thematisieren. Mehr hier.

Eröffnungsprogramm am 21. Mai 2023

Kunst mit Kind

Für einen Kunstbetrieb, in der künstlerische Praxis und Sorgearbeit vereinbar sind

im Stadtpalais – Museum für Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 2, 70173 Stuttgart

Programm

10.30 Uhr: Einlass

11.00 Uhr: Ausstellungseröffnung & Offenes Gespräch

Mit Sascia Bailer & Didem Yazıcı (Kuratorinnen)
Anna Gohmert, Renate Liebel, Marie Lienhard, Anna Schiefer, Julia Wirsching (Künstlerinnen)
Auf Deutsch und Englisch
Im Salon Sophie, StadtPalais

12.00 Uhr:
Vortrag “How to Not Exclude Mother Artists and other Parents” von Hettie Judah

Moderiert von Sascia Bailer und Didem Yazıcı.
Anschließende Gesprächsrunde mit Publikum.

Vortrag auf Englisch, im Raum vor Ort Flüster-Übersetzung ins Deutsche. Im Saal Marie sowie virtueller Livestream des Vortrags. Zur online Teilnahme bitte hier registrieren

13.30 Uhr Mittagspause

14.30 Uhr: Workshop “Building Caring Infrastructures” mit Sascia Bailer

Kollektives Manifesto-Schreiben für eine Kulturbranche, die Fürsorge und künstlerisches Arbeiten vereinbar macht

Auf Deutsch. Im Saal Marie, StadtPalais

16.30 – 18.00 Uhr Offenes Abschlussgespräch & Ausklang

Zugänglichkeiten

  • Alle Räume sind rollstuhlgerecht

  • Audiodeskription für Video-Arbeit über GRETA-App 

  • Audio-Einführung in die Ausstellung über QR-Code 

  • Ausstellungstext verfügbar auf Deutsch, Englisch und Türkisch

  • Stillzimmer ist im UG vorhanden


Während des Eröffnungstags 

  • Kostenlose Kinderbetreuung

  • Still- und Spielzimmer vorhanden

  • Englische Teile des Programms werden “flüster-übersetzt”

  • Übersetzung in deutsche Gebärdensprache 

Bei weiterem Unterstützungsbedarf bitte Kontakt aufnehmen unter contact@mothers-warriors-and-poets.net

Audiodeskription

Künstlerische Arbeiten

Abbildung als Verweis auf das Ausstellungsstück Es handelt sich um eine Filmstill aus dem Film Wechseljahre. Es zeigt 4 Frauen und ein Kleinkind von hinten. Alle tragen rote Kleider. Das kleine Kind ist im Gegensatz zu allen anderen nur zur Hälfte zusehen. Es steht in der Mitte. Alle 5 halten sich an den Händen. Das Bild erzählt es nicht explizit, denn von hinten erkennt man das Alter der Personen nicht, aber man könnte ahnen, dass es sich um 3 Generationen handelt. Die gemeinsam verharren. Die Position der Frauen im Bild ist mittig. Sie sehen barfuß im Sand auf einer Düne und schauen in die Ferne. Es erzählt sich nicht im Bild, ob es sich dabei um den Horizont oder das Meer handelt. Am Rand des Bildes erkennt man Dünengras. Dies zeigt sich aber nicht in seinen natürlichen Farben, sondern leuchtet und glimmt bunt, was dem schon dunkelgehaltenen Bild einen mystischen, magischen Ausdruck verleiht.

Anna Gohmert: Wechseljahre

Video Farbe, 26:04, HD, 2021
Sprecher:innensprache: Deutsch
Untertitel: Englisch
Audiodeskription: Deutsch

Der Film konzentriert sich auf den Umgang mit hormonellen Zyklen, die die verschiedenen Lebensphasen von Frauen markieren: So mag es genauso herausfordernd sein, dem Stimmungs- und Hormonwechsel seiner Menstruation zu unterliegen, als auch den hormonellen Veränderungen einer Schwangerschaft, der Menopause, oder der Zeit danach – wenn plötzlich diese vertraut gewordenen hormonellen Rhythmen wegbleiben. Die Künstlerin ihrer filmischen Erzählung der Frage nach: “Bin ich als Frau noch begehrenswert, obwohl ich, nach den scheinbar animalischen Gesetzmäßigkeiten der Natur, nicht mehr nach Fortpflanzung rieche?” Begleitet wird die filmische Suche nach Antworten von einer Taube, der die Künstlerin immer wieder die Eier wegnimmt, um ihre Fortpflanzung zu verhindern. In dem Film tauchen Stimmen einer Frauenärztin, der Mutter der Künstlerin, einer Schamanin und einer jungen Mutter auf – die früher in einem Taubenschlag gearbeitet hat, um die Geburtenkontrolle zu organisieren. Die experimentelle Bilderwelt besteht aus Tauben, dokumentarischem Material und Archivmaterial und konstruiert daraus Gegenerzählungen über “Weiblichkeiten”, Älterwerden, Selbstbestimmung, und Tier-Mensch-Verhältnisse.

Abbildung als Verweis auf das Ausstellungsstück Vor einem dunkeln Hintergrund steht eine rosa Kugel mit 5 großen Löchern, aus der Mutterkrautpflanzen wachsen. In die Kugel sind rund herum 100 rosa gebogene Trichterformen aus gebrannter Keramik gesteckt. In jeder sitzt ein bunter Flummi. Das Objekt steht auf drei Beinen. Unter ihm liegen noch mehr Flummis und gebogene rosa keramische Trichterformen.

Renate Liebel: Mutterkraut 1- 4

Installation mit Fotografien auf Alu Dibon gedruckt, verschiedene Größen (60 x 40 cm, 110 x 70 cm, 120 x 80 cm, 150 x 120 cm)

“Mutterkraut“ ist eine Serie von Objekten, die die Pflanze Tanacetum parthenium als Grundlage einer ästhetisch-überlegenden Forschung nimmt. Schon seit Jahrhunderten als Fiebersenker, Migränebekämpfer und Abortivum benutzt, gibt es also eine Pflanze, die nach Müttern benannt ist – ein Kraut mit vielen fürsorglichen Eigenschaften; solche, die oft mit den Ansprüchen an Mütter verbunden werden. „Mutterkraut” ist eine Auseinandersetzung mit Funktionen und Bedeutungen von Materialien und pflanzlichen Prozessen; eine Auseinandersetzung mit Erwartungen. Es erweitert das Spektrum der Möglichkeiten, wie “Mutter” gelesen werden kann und vereint dabei Kontraste, führt Unerwartetes zusammen und stellt gesellschaftliche Vorstellungen und Normen infrage.


Foto: Thommy West

Abbildung als Verweis auf das Ausstellungsstück "shared Wings" präsentiert den Betrachter*innen leichte, miteinander verbundene Sphären in Form von vier schwarzen, mit Helium gefüllten Ballons, die dünne, präzise austarierte Stäbe in die Höhe heben, um waagerecht zu schweben.

Marie Lienhard: EQUILIBRIO

2-Kanal-Video Installation (Loop), 2023

 

EQUILIBRIO ist eine Zweikanal-Videoinstallation, die zwei Arbeiten der Künstlerin in einen Dialog bringt und so neue Bedeutungsebenen entstehen lässt:

„shared Wings“ (2021) präsentiert den Betrachter*innen leichte, miteinander verbundene Sphären in Form von vier schwarzen, mit Helium gefüllten Ballons, die dünne, präzise austarierte Stäbe in die Höhe heben, um waagerecht zu schweben. Das Werk erinnert an die leichten Mobile von Alexander Calder, ist aber in dieser Anordnung auf den Kopf gestellt und damit von der Schwerkraft befreit. Ein Balanceakt gegen die Schwerkraft, der zu einem schwebenden Gleichgewicht wird.

Bei der zweiten Arbeit, LIMBO (2017), können die Betrachter*innen zwei 1.5 kg schwere Magnete beobachten, die in einer gewissen Entfernung schweben. Diese werden durch Kohlenstoff-Fasern auf Abstand gehalten, durch die sie in den Wänden verankert sind: Die beiden Metallblöcke bleiben so in einem waagerecht gespannten Gleichgewicht schwebend. Im Wesentlichen offenbart die Bewegung die Schwingung zwischen den beiden Magneten arrhythmisch, bis sie sich in exakter Symmetrie wieder annähern. Hier wird das Gesetz der Schwerkraft durch das Gesetz der Anziehung überwunden.

Beide Werke sind kraftvoll und doch filigran: Schon die kleinste Bewegung setzt die jeweiligen Systeme in Bewegung und spiegelt dabei das darauf fallende Licht. Im Dialog – vor allem im Rahmen von Mutterschaft(en) – werfen sie Fragen nach Fragilität, Co-Abhängigkeit, Verletzlichkeit, Machtspielen, Unterstützungsstrukturen, Abwesenheiten und Präsenz auf.

Das Bild ist in drei Abschnitte eingeteilt. Auf jedem ist eigenes Bild, welches zeigt, wie ein Körperteil mit einem Balken aus Eschenholz interagiert. Der Balken hat eine Stärke von 5 x 12 cm und ist stellenweise tief eingeschnitten, was es dem Holz ermöglicht, sich zu verbiegen und dem Körperteil nachzugeben. Auf dem ersten Bild weicht ein senkrecht hängender Balken einer Schrittbewegung aus. Auf dem zweiten Bild krümmt sich ein waagerecht schwebender Balken, während zwei Hände an seinen Enden ziehen. Das dritte Bild zeigt, wie ein Balken am Boden von einer Hand zusammengefaltet wird.

Anna Schiefer: Tokamak

Weihnachtsbaumspitzen, Holz und Gummi, 200cm x 200cm x variabel, 2023


Tokamak ist eine Installation in Form eines Laufstalls, die für sehr junge Menschen konzipiert wurde. Indem sich die künstlerische Arbeit von Anna Schiefer explizit an diese Besucher*innen richtet, unterläuft sie die gängigen Normen eines musealen Raums – der gemeinhin von “bitte nicht berühren!” und von Kunst, die nur Erwachsene adressiert, geprägt ist. Der Name der Installation „Tokamak“ bezeichnet zunächst eine Form; nämlich die eines Kernfusionsreaktors. Die spiralförmigen Bahnen der Teilchen im Reaktor bilden den Ausgangspunkt der räumlichen Analyse. Die Installation macht eben diese toroidale Form des Reaktors, wortwörtlich, greifbar und bildet dadurch ein haptisch-visuelles Erfahrungsfeld für Besucher*innen in den ersten Lebensmonaten. Der Boden ist dabei die Ebene mit welcher der Säugling den größten Kontakt hat und welche eine höhere Wahrnehmungsdichte aufweist. „Tokamak“ ist ein Versuch, dieses Feld als Spielfeld von Objekten, Akteur*innen und Objektakteur*innen auszumachen und auszuprobieren.

Für den Fall, dass man mal

Installation aus Regal und Büchern, 3 x 3 m, 2023

 

Für den Fall, dass es den Sommer regnen wird, hat sich die Künstlerin bereits in ihrer Kindheit einen kleinen Büchervorrat angelegt. Schon damals war sie auf einen dieser fiktiven Fälle vorbereitet, der dann nie eingetroffen war. Durch das Lesen eines Buches kann sich eine neue Welt eröffnen oder anders gesagt, lässt sich die Welt danach mit anderen Augen sehen. In ihrem Bücherregal “Für den Fall, dass man mal…”, zeige die Künstlerin jedoch die Bücher, die sie noch nicht gelesen hat, aber von denen sie denkt, dass sie sie in Zukunft lesen werde oder lesen sollte. Das Bücherregal stellt daher eine symbolische Repräsentation der verschiedenen Lebensentwürfe dar, die im Konjunktiv verweilen: Lebensentwürfe, die hätten sein können oder sollen. Gleichzeitig verhandelt das Bücherregal ungelesener Bücher, die unrealisierten Träume und Wünsche der Künstlerin, aber auch gesellschaftliche Zwänge und Erwartungen, denen sie in ihren verschiedenen Rollen als Künstlerin, als Frau, als junger Mutter glaubt, entsprechen zu müssen. Die ungelesenen Bücher eröffnen daher ein Spannungsfeld zwischen den eigenen und den gesellschaftlichen, die hier, bis auf Weiteres, als widerständige Leerstelle markiert werden.

Beitragende

Portrait der Künstlerin. Es ist Sommer. Die Künstlerin Anna Gohmert lehnt entspannt, an einer beige gestrichenen Häuserwand. Diese weist von der Witterung verursacht manche hellere Stellen auf. Die Die Künstlerin hat ihre aschblonden Locken lose hochgesteckt. Sie ist Mitte 30, ihre Haut ist hell und sie trägt eineBrille. Sie lächelt direkt in die Kamera. Sie trägt einen kurzen hellgelben Kapuzenpulli, der am Bund eines hellgrauen Rocks, auch aus Sweatshirtstoff, abschliesst. Der Rock reicht bis kurz oberhalb der Knie. In der rechten Hand hält sie eine Bananeschale. Ihr rechtes Bein wird von einem Rosmarinstrauch verdeckt. Neben dem Rosmarin wächst ein Lavendelstrauch.
Portrait der Künstlerin. Es ist Sommer, die Sonne scheint. Renate Liebel kriecht in der Bildmitte auf dem Boden durch blühende Zierpflanzen. Sie trägt ein langes grünes Kleid, rote Stiefel, lange braune Haare, roten Lippenstift und schaut dich/ blickt die Betrachter:in direkt durch die Pflanzen an.
Portrait der Künstlerin.

Anna Gohmert

setzt sich seit einigen Jahren mit generationenübergreifender Kommunikation, dem Miteinander, Frausein und Elternschaft auseinander. Gohmert sucht in ihrer künstlerischen Praxis unterschiedlichste Menschen auf, um z.B. den Themen Verlust, Orientierungslosigkeit und Einsamkeit nachzugehen. Sie fragt und hört den Erfahrungen und Perspektiven anderer Menschen zu, welches sie als integralen Bestandteil ihrer Arbeit betrachtet. In ihrer Arbeit ist es Anna Gohmert daher wichtig,
eine Formsprache für Intimität zu finden, ohne dass das Persönliche theoretisiert wird und die Zärtlichkeit oder Rohheit des Privaten verloren geht. Dabei spielen Themen wie soziale Gerechtigkeit, gesundheitliche Herausforderungen, Generationskonflikte sowie der Umgang mit Selbstwirksamkeit und Ohnmacht eine zentrale Rolle. Die Medien, die die Künstlerin wählt, orientieren sich daher immer an den Themen, was die Künstlerin bisher dazu bewegt hat, sowohl Videoarbeiten, multimediale Raum/Soundinstallationen, aber auch selbstgenähte Quilts zu schaffen.
Anna Gohmert lebt und arbeitet in Stuttgart. Sie hat in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert. Zuletzt war sie 2022 Residentin der Cité internationale des Arts in Paris. Sie ist eine der Gründerinnen von „Mothers*, Warriors and Poets“, einer Plattform, die Ausstellungen und Veranstaltungen rund um das Thema Mutterschaft und Kunst produziert.

Renate Liebel

ist eine Bildende Künstlerin, die in Oberschwaben und Southern California geboren und aufgewachsen ist. Sie hat ein Studium der Malerei und des Intermedialen Gestaltens an der ABK Stuttgart und der Universidad Complutense de Madrid absolviert, um mit einem Trickfilmbüro durch Europa zu reisen und ein Atelier für Objekte und Rauminstallation in den Ateliers des KV Wagenhalle in Stuttgart zu gründen. Auf der Suche nach stark kontrastierenden Materialkombinationen aus Pflanzen, Readymades und plastifizierten Formen findet sie das Surreale. Der Frage nachgehend, wo Natur aufhört und Kunst/Gesellschaft beginnt oder andersherum, tauchen Realitätsüberlagerungen in ihren Objekten, Installationen, digitalen Collagen oder Videoloops auf. In ihrer Praxis als Kunstvermittlerin schafft sie Raum für Achtsamkeit und Fürsorge, die als soziale Plastik gelesen werden soll.


Sie lebt mit ihrer fünfköpfigen Familie in Stuttgart und ist eine der Gründerinnen von „Mothers*, Warriors and Poets“, einer Plattform, die Ausstellungen und Veranstaltungen rund um das Thema Mutterschaft und Kunst produziert.

Foto: Jean & Claude

Julia Wirsching

entwickelt in ihren Arbeiten Situationen, die den Besucher*innen einen Erfahrungsraum bieten, um eigene Grenzen auszuloten. Das sinnliche Erleben der Arbeit geht mit einer Erfahrung und deren Körperlichkeit einher. Die Themen ihrer Arbeiten sind meist eng mit ihrem Leben und der Gesellschaft, in der sie lebt, verbunden. Dabei betrachtet sie den Körper als politisches Objekt, in dem er Ausführender und Handelnder von gesellschaftlichen Regeln, Zwängen und Konventionen ist. Unter körperpolitischen Fragestellungen untersucht sie vor allem, sie umgebende Fremd- und Selbstbilder und dekonstruiert diese.
Die Arbeiten von Julia Wirsching bestehen aus multimedialen Situationen, die sich aus Performances, Videos, Installationen oder Zeichnungen zusammensetzen. Durch das Überschreiten der gewohnten Grenze zwischen Intimität und Öffentlichkeit findet eine Konfrontation statt, die neben einer sinnlichen Erfahrung auch Raum gibt, die eigene Erfahrung zu reflektieren.
Julia Wirsching lebt und arbeitet in Stuttgart. Sie hat Musik, Philosophie und Bildende Kunst in Stuttgart und Tel Aviv studiert.

Foto: Jeanette Lemmerz

 

 

Portrait der Künstlerin: Das Bild zeigt die Künstlerin mit goldener Brille und grüner Mütze. Sie schaut lachend an der Kamera vorbei, während sie sich am Geländer des Korbs eines Riesenrads festhält.

Marie Lienhard

ist eine in Stuttgart lebende und arbeitende Künstlerin. Die treibende Kraft hinter ihrer künstlerischen Praxis ist die Faszination für die Dehnbarkeit unseres Wahrnehmungsverhaltens. Sie untersucht und hinterfragt Realitäten an den Grenzen physikalischer Gesetze und fragiler Gleichgewichte. Installation, virtuelle Realität, Performance, Fotografie und Zeichnung sind die Medien ihrer künstlerischen Produktion, die international in Ausstellungen und öffentlichen Kunstsammlungen vertreten ist. Ihr Werk oszilliert zwischen körperlicher Erfahrung und den suggestiven Kräften, die durch bildnerische Mittel freigesetzt werden, sowie zwischen Naturphänomenen und gesellschaftlichen Fragen. Sie spricht unsere Wahrnehmungssinne an, um ästhetische Erfahrungen zu schaffen, die uns dazu einladen, uns unserer vermeintlichen Grenzen bewusst zu werden und sie herauszufordern. Der menschliche Wille, die physikalischen Gesetze, die Körper und Geist bestimmen, durch Allegorien des Fliegens, Schwebens oder Fallens zu überwinden, steht im Mittelpunkt ihrer Praxis.
Sie ist eine der Gründerinnen von „Mothers*, Warriors and Poets“, einer Plattform, die Ausstellungen und Veranstaltungen rund um das Thema Mutterschaft und Kunst produziert.

 

Anna Schiefer

ist Bildhauerin und lebt in Stuttgart und Berlin. Ihre praktische Forschung findet zwischen Architektur, darstellender und bildender Kunst statt. Sie untersucht Formensprachen von Gebrauchsobjekten und Energiebauten und verfolgt sie mit Stift, Text und Holz. Seit der Geburt ihres zweiten Kindes 2022 beschäftigt sie sich verstärkt mit dem frühkindlichen Wahrnehmungsapparat. Die Installation „Tokamak“ entstand in diesem Zusammenhang und ist Teil einer neuen Werkgruppe für unter Dreijährige.
Anna Schiefer ist darüber hinaus Gründungsmitglied des Verlags für Handbücher und derzeit künstlerische Mitarbeiterin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. 2020 erhielt sie ihren PHD in künstlerischer Forschung zum Thema „Reciprocal Props: Zur Wechselwirkung von Werk und Werkzeug“ von der École Européenne Supérieure de l‘Image Angoulême & Poitiers in Frankreich.

 

Zsuzsanna Ilijin

Gestaltung: Mothers Warriors and Poets

Portrait der Kuratorin. Das Bild zeigt eine weiße Frau mit dunklen langen Haaren, die lächelnd in die Kamera schaut. Sie trägt ein schwarzes Oberteil. Der Hintergrund ist magenta-farben und zeigt leichtes Sonnen/Schattenspiel auf.
The picture show the portrait of Didem Yazıcı, one of the curators of the exhibition. The background is dark and her shirt is also dark, so her face is the only light part. She has dark and short hair and wearing a red lipstick and has a serious and neutral look on her face. Porträt Das Bild zeigt das Porträt von Didem Yazıcı, einer der Kuratorinnen der Ausstellung. Der Hintergrund ist dunkel und auch ihr Hemd ist dunkel, so dass ihr Gesicht der einzige helle Bereich ist. Sie hat dunkles, kurzes Haar, trägt einen roten Lippenstift . Ihr Gesichtsausdruck ist ernst und neutral.

Sascia Bailer

ist eine feministische Wissenschaftlerin, Autorin und Kuratorin, die an der Schnittstelle von Care, Gender und zeitgenössischer Kunst arbeitet. Sie ist Doktorandin an der Zürcher Hochschule der Künste und der University of Reading. Sie hat international im Kunstbereich gearbeitet, unter anderem im MoMA PS1, im Haus der Kulturen der Welt und im Vera List Center for Art and Politics. 2019 – 2020 war sie die künstlerische Leiterin von M.1 der Arthur Boskamp-Stiftung. Sie ist die Autorin des Artikels „Care for Caregivers“ (in: „Curating with Care“, Routledge, 2023) und der Publikation „Curating, Care, and Corona“ (Arthur Boskamp-Stiftung, 2020). Sascia Bailer ist Mitherausgeberin der Anthologie „Letters to Joan“ (2020, HKW) und der Künstlerinnenbücher „Re-Assembling Motherhood(s): On Radical Care and Collective Art as Feminist Practices“ von Maternal Fantasies (Onomatopee, 2021), und „What We Could Have Become: On Queer Feminist Filmmaking“ von Malu Blume (Onomatopee, 2021). Sie erhielt ihren MA von der Parsons School of Design und ihren BA von der Zeppelin Universität.

Foto: Soledad Muriel

Didem Yazıcı


ist Kuratorin und Autorin und lebt zwischen Istanbul und Karlsruhe. Derzeit ist sie die Künstlerische Leiterin bei Yapı Kredi Culture and Arts in Istanbul und setzt somit ihre kuratorische Arbeit in Deutschland und international fort. Ihre kuratorische Arbeit ist inspiriert von interdisziplinärem Denken innerhalb und außerhalb der Kunst, der Auseinandersetzung mit sozialen und politischen Dynamiken und dem Potenzial von Ausstellungen als sozio-poetische Räume. Sie arbeitete und kuratierte Ausstellungen in Kunstinstitutionen wie dem Badischen Kunstverein, Karlsruhe (2017-18), der 11. Shanghai Biennale (2016), dem Museum für Neue Kunst, Freiburg (2015-16), dem Künstlerhaus Stuttgart (2014) und organisierte Vermittlungsprogramme für die dOCUMENTA (13), Kassel (2012-13) und die 2. Projektbiennale D-0 ARK Underground, Bosnien und Herzegowina (2013). Sie war Curator-in-residence am Goethe-Institut Kairo (2016) und nahm 2013 an Kuratoren-Workshops des ICI in New York und am A-Desk in Barcelona teil (2013). Sie absolvierte ihren Master in Curatorial and Critical Studies an der Städelschule und der Goethe-Universität Frankfurt und ihren Bachelor in Kunstgeschichte an der Mimar Sinan Universität Istanbul. 

Foto: Sebastian Heck

Hettie Judah

ist leitende Kunstkritikerin und Autorin.   Nach der Veröffentlichung ihrer 2020 erschienenen Studie über die Auswirkungen der Mutterschaft auf die Karriere von Künstlerinnen arbeitete sie 2021 mit einer Gruppe von Künstlerinnen an der Erstellung des Manifests „How Not To Exclude Artist Parents“, das inzwischen in 15 Sprachen vorliegt. Sie spricht regelmäßig über Kunst und mit Künstlerinnen bei Veranstaltungen in Museen und Galerien und war Gastdozentin an der Goldsmiths University und dem Royal College of Art in London sowie an der Dauphine University in Paris. Als Unterstützerin von Arts Emergency hat sie Künstler*innen und Studierende im Rahmen verschiedener Programme als Mentorin begleitet. Zu ihren jüngsten Büchern gehören How Not To Exclude Artist Mothers (and other parents) (Lund Humphries, 2022) und Lapidarium (John Murray, London, 2022/ Penguin, NY, 2023). Derzeit arbeitet sie u. a. an einem Buch und der Hayward-Wanderausstellung On Art and Motherhood (Eröffnung im Arnolfini in Bristol, März 2024).

Im Jahr 2022 gründete Hettie zusammen mit Jo Harrison die Art Working Parents Alliance – ein unterstützendes Netzwerk und eine Kampagnengruppe für Kuratoren, Akademiker, Galeristen, Techniker, Pädagogen und andere im Kunstbereich Tätige.

Foto: Alex Schneidemann

Exhibition (English Version)

Mothers*, Warriors, and Poets: Care as Resistance

With works by Anna Gohmert, Renate Liebel, Marie Lienhard, Anna Schiefer and Julia Wirsching

Curated by Sascia Bailer and Didem Yazıcı

 

Women* – especially mothers* – continue to perform the majority of unpaid care work, whether in the private or public sphere. In the art world, these inequalities related to caring responsibilities are magnified; the gender pay gap in the arts is higher than the overall societal average and discrimination based on caring work is widespread: „Sex, death, politics: art can show anything today. But children? They are not an issue. Especially for their mothers, they are considered career killers,“ says art critic Elke Buhr in the art magazine Monopol.

Our artistic-activist exhibition and event programming resists such stubborn, patriarchal narratives, as they seem to solidify how care is organised in our society – and thereby only continue to exclude people who provide care. By foregrounding feminist ethics of care – through artistic works and discursive formats – we aim to challenge these discriminatory narratives and explore counter-designs together:

The exhibition features five Stuttgart-based artists who are also mothers* with works that explore care, reproductive justice, societal role expectations, natural healing, vulnerability and interdependence. The exhibition opens with a public programming that seeks answers to the question: What structural changes in the art field are necessary to address the lived realities of cultural producers with caring responsibilities?

In lectures, performances and workshops, participants are invited to learn about the relationship between art and care and to collectively explore strategies and demands for addressing the needs of care workers in the arts.
„Mothers*, Warriors, and Poets: Caring as Resistance“ aims to connect artists who are parents in the region – and anyone who wants to advocate for these issues. Cultural practitioners with care responsibilities are to be empowered in their work and their working conditions; existing initiatives and energies of resistance are to be brought together to write a collective manifesto for a more just art sector in Stuttgart and the surrounding area.

„Mothers*, Warriors, and Poets“ is an artistic-activist platform founded by Stuttgart-based artists Anna Gohmert, Renate Liebel and Marie Lienhard to question and renegotiate the relationship between artistic production and motherhood*. The platform’s name is inspired by Black feminist Audre Lorde’s self-description, „black, lesbian, mother, warrior, poet.“
For Lorde, describing herself in several terms at once was central, as it revealed the complexity of her identity as well as her struggles as a Black feminist, artist, and mother* – to be a mother* artist is to be a warrior, and to think radically and evocatively like a poet at the same time. For this edition of „Mothers*, Warriors, and Poets“, the three initiators of the platform invited the artists Anna Schiefer and Julia Wirsching, as well as Didem Yazıcı and Sascia Bailer as curators – all of whom can be identified as independent cultural workers with care responsibilities in Baden-Württemberg.

*We use the term mother with an* to open it up to all people with caring responsibilities, who identify with the term. 

Context of Exhibition

The entire StadtPalais – Museum für Stuttgart will be transformed into the „FemPalais – Festival of Women*“ for six months in spring 2023. In terms of content, all exhibitions, events and formats are exclusively dedicated to Stuttgarts women* and are directed, planned and implemented by women*. With a multi-perspective and intersectional approach, the festival makes visible women* who have shaped the history of the city of Stuttgart and beyond in the past and who are contributing to shaping the city of Stuttgart in the present and the future. A festival is being created that is intended to encourage and inspire as many girls* and women* as possible to visit with their sons*, brothers* and fathers*. More info here.

“FemPalais” invited Mothers*, Warriors, and Poets as one of the exhibitions to address important feminist aspects and contributions within Stuttgart and beyond.

Public Programming of the Opening Day

Caring Culture:
Towards an art world in which artistic practice and care work go together

Sunday, May 21st, 2023

At StadtPalais – Museum für Stuttgart
Konrad-Adenauerstr. 2, 70173 Stuttgart

 

Programming Overview

10.30 am Doors open

11.00 am
Guided Exhibition Tour „Mothers*, Warriors, and Poets: Caring as Resistance“
With curators Sascia Bailer & Didem Yazıcı and the artists Anna Gohmert, Renate Liebel, Marie Lienhard, Anna Schiefer, Julia Wirsching
In German and English
At Salon Sophie, StadtPalais

12.00 am Talk by Hettie Judah  „How to Not Exclude Mother Artists (and other Parents)“
Moderated by Sascia Bailer and Didem Yazıcı
Followed by an open discussion with audience
In German and English
Hybrid event (online talk, livestreamed to Saal Marie, StadtPalais)
To attend online please register here

13.30 pm Lunch Break

2.30 pm Workshop „Building Caring Infrastructures” with Sascia Bailer
Collective manifesto writing for a cultural sector that enables both caring and artistic work
In German
At Saal Marie (StadtPalais)

4.30 pm – 6pm
Open discussion & wrap up

Accessibility

  • All rooms are wheelchair accessible
  • Audio description for video work via GRETA app
  • Audio introduction to the exhibition via QR code
  • Exhibition text available in German, English and Turkish
  • Breastfeeding room is available in the basement

During the opening day

  • Free childcare
  • Breastfeeding and playroom available
  • English parts of the programme will be „whisper-translated“ into German
  • Translation into German sign language
  • The event is open to everyone, regardless whether they perform care work in their personal lives. We invite everyone to join towards structural changes within the arts.

If you should need further support, please reach out to contact@mothers-warriors-and-poets.net

FOLLOW US:

© 2024 All Rights Reserved

Ausstellungsbeiträge/Exhibitioncontributions

Hannah Cooke: Ada vs. Abramović                               Video 2018

In her works „Ada vs. Emin“ and „Ada vs. Abramović“ from 2018, Cooke recreates existing works and expands them in content as well as visually. Cooke, herself a mother of a daughter, questions the image of mothers and women in the art world. For Marina Abramović and Tracey Emin, both icons of performance and installation art, motherhood and the artist’s profession are contradictory, and both make clear and even dismissive statements about this. Hannah Cooke responds: she accurately reproduces two works by Abramovic and Emin in a film studio and places herself, nursing her daughter Ada, in the picture. By entering into an eye-to-eye dialogue with her colleagues Emin and Abramovic, Cooke manages, without intentionally provoking, to make existing circumstances visible.“ Text by Norina Quinte www.ato.vision

Tagesspiegel Nov. 2016: “Did you never want to have children?”
Marina Abramović: “No. Never. I aborted three times because I was convinced that it would be a disaster for my work. We just have a certain amount of energy in our body that I should have shared. In my opinion, that’s why women are not as successful in the art world as men. There are lots of talented women. Why do the men take over the important positions? Quite simply: love, family, children – all a woman does not want to sacrifice.”

Title: Ada vs. Emin, Video, 2018
In her works „Ada vs. Emin“ and „Ada vs. Abramović“ from 2018, Cooke recreates existing works and expands them in content as well as visually. Cooke, herself a mother of a daughter, questions the image of mothers and women in the art world. For Marina Abramović and Tracey Emin, both icons of performance and installation art, motherhood and the artist’s profession are contradictory, and both make clear and even dismissive statements about this. 
Hannah Cooke responds: she accurately reproduces two works by Abramovic and Emin in a film studio and places herself, nursing her daughter Ada, in the picture. By entering into an eye-to-eye dialogue with her colleagues Emin and Abramovic, Cooke manages, without intentionally provoking, to make existing circumstances visible.“ Text by Norina Quinte www.ato.vision

Tracey Emin:  “I don’t think I’d be making work (if I were a mother).’ She admits. ‘I would have been either 100% mother or 100% artist. I’m not flaky and I don’t compromise. Having children and being a mother… It would be a compromise to be an artist at the same time. I know some women can. But that’s not the kind of artist I aspire to be. There are good artists that have children. Of course there are. They are called men. It’s hard for women. It’s really difficult, they are emotionally torn. It’s hard enough for me with my cat.”

– DEUTSCH –

In ihren Arbeiten „Ada vs. Emin“ und „Ada vs. Abramović“ von 2018 baut Cooke bereits bestehende Werke nach und erweitert diese inhaltlich wie visuell. Cooke, selbst Mutter einer Tochter, hinterfragt hier das Mutter- und Frauenbild in der Kunstwelt. Für Marina Abramović und Tracey Emin, beide Ikonen der Performance – und Installationskunst, widerspricht sich Mutterschaft und Künstlerinnenberuf, worüber sich beide in verschiedenen Statements deutlich – gar abfällig – äußern. 

Hannah Cooke antwortet: akribisch reproduziert sie zwei Arbeiten von Abramovic und Emin in einem Filmstudio und setzt sich selbst, ihre Tochter Ada stillend, ins Bild hinein. Indem Cooke mit ihren Kolleginnen Emin und Abramovic einen Dialog auf Augenhöhe eingeht, schafft sie es, ohne bewusst zu provozieren, bestehende Umstände sichtbar zu machen.“ Text von Norina Quinte (www.ato.vision)

Tagesspiegel Nov. 2016: „Wollten Sie nie Kinder haben?“
Marina Abramović:
„Nein. Nie. Ich habe drei Mal abgetrieben, weil ich überzeugt war, dass es ein Desaster für meine Arbeit wäre. Man hat nur so und so viel Energie in seinem Körper, und die hätte ich teilen müssen. Das ist meiner Ansicht nach der Grund, warum Frauen in der Kunstwelt nicht so erfolgreich sind wie Männer. Es gibt jede Menge talentierter Frauen. Warum übernehmen die Männer die wichtigen Positionen? Ganz einfach: Liebe, Familie, Kinder – all das will eine Frau nicht opfern.

Title: Ada vs. Emin, Video 2018
In ihren Arbeiten „Ada vs. Emin“ und „Ada vs. Abramović“ von 2018 baut Cooke bereits bestehende Werke nach und erweitert diese inhaltlich wie visuell. Cooke, selbst Mutter einer Tochter, hinterfragt hier das Mutter- und Frauenbild in der Kunstwelt. Für Marina Abramović und Tracey Emin, beide Ikonen der Performance – und Installationskunst, widerspricht sich Mutterschaft und Künstlerinnenberuf, worüber sich beide in verschiedenen Statements deutlich – gar abfällig – äußern. 
Hannah Cooke antwortet: akribisch reproduziert sie zwei Arbeiten von Abramovic und Emin in einem Filmstudio und setzt sich selbst, ihre Tochter Ada stillend, ins Bild hinein. Indem Cooke mit ihren Kolleginnen Emin und Abramovic einen Dialog auf Augenhöhe eingeht, schafft sie es, ohne bewusst zu provozieren, bestehende Umstände sichtbar zu machen.“ Text von Norina Quinte (www.ato.vision)

Chloé Coomans: Trances et Errances
Video

As my girls grew up, they developed their own expressions, their own poems. My little one thrived in music and theater, and my big one in contemporary dance.This prompted us to want to create together, and to strengthen our strong bond between mother and daughter. The video work “Trances et Errances” combines our sensibilities, our views on the world and our aspirations. We are these women who dance and celebrate life above the mountains.

– DEUTSCH –

Als meine Mädchen heranwuchsen, entwickelten sie ihre eigenen Ausdrucksformen, ihre eigene Poesie. Meine Kleine blühte in der Musik und im Theater auf, meine Große im zeitgenössischen Tanz, was uns dazu veranlasste, gemeinsam etwas zu schaffen und unser starkes Band zwischen Mutter und Tochter zu stärken. Die Videoarbeit „Trances et Errances“ vereint unsere Empfindsamkeiten, unsere Weltanschauung und unsere Sehnsüchte. Wir sind diese Frauen, die tanzen und das Leben über den Bergen feiern.

Alessandra Eramo: Tanz Sediment
Performance 2021

It usually happened during the tobacco harvest in summer: Women were „stung by the tarantula spider“. They fell into inner agitation and madness. Tarantism occurred in Apulia in southern Italy until the 1960s. Those affected organised healing rituals to free their bodies from the (symbolic) spider poison through frenetic Tarantella music and dance. At the same time, they gave a voice to suffering and oppression. Taking inspiration from this practice, in her work Tanz Sediment Alessandra Eramo creates a new trance music ritual, she explores the freedom that resists in the female voice, evoking sonic memories like a river sediment. She traces the wild, natural and vulnerable voice, which is not only an instrument, but it is an archaic sonic territory to be disclosed in the modern human body. The Performance consists of a hypnotic sound collage with voice, text, frame drum and field recordings.
Composition, Solo Voice, Field Recording and Electronics: Alessandra Eramo
Frame drum: Antonino Secchia
First Version and Broadcast: Deutschlandfunk Kultur “Klangkunst” 2020
Tanz Sediment VIDEO Excerpt: vimeo.com/384490621

– DEUTSCH –

Es geschah meist bei der Tabakernte im Sommer: Frauen wurden „“von der Tarantel gestochen“. Sie verfielen innerer Unruhe und Wahnsinn. Der Tarantismus trat bis in die 1960er Jahre im süditalienischen Apulien auf. Die Betroffenen organisierten Heilrituale, um ihren Körper durch frenetische Tarantellamusik und Tanz vom (symbolischen) Spinnengift zu befreien. Gleichzeitig gaben sie dem Leiden und der Unterdrückung eine Stimme. Inspiriert von dieser Praxis erschafft Alessandra Eramo ein neues Trance-Musik-Ritual, das klangliche Erinnerungen zutage fördert wie das Sediment eines Flusses. Dabei erforscht sie in Tanz Sediment den Raum der Freiheit, der in der Stimme widersteht. Die Performance besteht aus einer hypnotischen Klangcollage mit Stimme, Text, Rahmentrommel und Field Recordings. Es sind wilde Stimmen, laut, sanft, selbstbewusst, bestialisch, verletzlich. Ein archaischer Klangraum im Körper des modernen Menschen.

 

Antje Engelmann: Point of No Return

Video 2005

In Point of No Return Engelmann samples documentary footage from her private archive and the Internet to form a multi-layered filmic essay. In addition to her own voice, audio recordings can be heard from the Golden Record, which NASA sent into space as a message for extraterrestrial life. During her travels from New York to Los Angeles, Engelmann encountered the natural forces of the prairie, birds, and man: here is the genetic engineer whose mission it is to genetically encode and bring back to life the passenger pigeon; the ex-bodybuilder from Muscle Beach in Venice with his parrot who talks about the expanse of the cosmos; the Beat poet who tells about the Indians, psychoactive cacti, and shamanistic rituals. And here she is herself as expectant mother. Engelmann repeatedly hits upon iconic images of various forms of knowledge. Countercultural utopias, the first photographic view of the “whole” world – The Blue Marble –, Martha, the last passenger pigeon, the Kuksu dance, and the earth’s physical stresses are contained in the film. Point of No Return is a work about extinction and reanimation, death and birth. The complex montage is an oscillating search from microcosm to macrocosm and back again. “Becoming a mother means becoming a warrior and a worrier at the same time.” 

– DEUTSCH –

In Point of No Return sampled Antje Engelmann dokumentarisches Filmmaterial aus ihrem privaten Archiv und dem Internet mit eigenen Texten zu einem vielschichtigen filmischen Essay: Neben ihrer eigenen Stimme sind Audio-Aufnahmen von der „Golden Record“ zu hören, die die NASA 1977 mit den Raumsonden Voyager 1 und 2 als Botschaft für Außerirdische ins All sandte. Der Künstlerin begegnen auf einer Reise von New York nach Los Angeles die Naturgewalten der Prärie, Vögel und Menschen: Da ist der Biologe und Gentechniker, der sich die  Entschlüsselung und Wiedererweckung der im 19. Jahrhundert von den Siedlern ausgerotteten Wandertaube zur Aufgabe gemacht hat. Oder der Ex-Bodybuilder vom Muscle Beach in Venice, Los Angeles, der mit seinem Papagei gerade einem tödlichen Blitzgewitter entkommen ist und von den Weiten des Kosmos berichtet. Und der Beat Poet, der von Indianern, psychoaktiven Kakteen und schamanistischen Ritualen erzählt und in seinem letzten Roman ebenfalls von Wandertauben schreibt. Und da ist sie selbst als werdende Mutter. Auf ihrer Reise durch die Kulturgeschichte des Westens der USA stößt Antje Engelmann immer wieder auf ikonografische Bilder verschiedener Wissensformen und im weitesten Sinne auf anthropozäne Prozesse: Die Utopien der Gegenkultur, das erste fotografische Bild der „ganzen“ Welt (The Blue Marble), Martha, die letzte Wandertaube, der Kuksu-Tanz und physische Spannungen der Erde tragen durch den Film, der sich allen gängigen Genres widersetzt. Point of No Return ist ein Film über Auslöschung und Wiederbelebung, über Tod und Geburt. Die vielschichtige Montage von Material und Entwurf macht ihn zu einer oszillierenden Suche vom Mikrokosmos zum Makrokosmos und wieder zurück.

Anna Gohmert: Changing Years

Video 2021

The film focuses on dealing with the fact that it is just as challenging to go through the mood and hormonal changes while having your period, or getting pregnant, as it is when you suddenly enter (or have already completed) the phase that lacks this regular rhythm. Am I still desirable as a woman, even though, according to nature, I no longer smell animalistically oriented towards procreation? The story is accompanied by a pigeon that I always take the eggs away from so that it doesn’t reproduce. In the film, voices of a gynaecologist, a young mother who used to work in a pigeon loft to organise birth control, a perfumer, my mother, a shaman appear. The imagery consists of pigeons, documentary material and  drawings as well as archival material from art history

– DEUTSCH –

Wechsel Jahre
Der Film konzentriert sich auf den Umgang zu registrieren, dass es genauso herausfordernd ist dem Stimmungs- und Hormonwechsel zu unterliegen wärend man seine Tage hat, oder man schwanger wird und ist, wie wenn man plötzlich in die Phase kommt (oder sie schon abgeschlossen ist), dass dieser regelmäsige Rhytmus fehlt. Bin ich als Frau noch begehrenswert, obwohl ich gemäß der Natur nun nicht mehr animalisch orientiert nach Fortpflanzung rieche . Begleitet wird die Erzählung von einer Taube, der ich immer die Eier wegnehme, damit sie sich nicht fortpflanzt.
In dem Film tauchen Stimmen einer Frauenärztin, einer jungen Mutter, die früher in einem Taubenschlag gearbeitet hat, um die Geburtenkontrolle zu organisieren, einer Parfumeurin, meiner Mutter, einer Schamanin auf. Die Bilderwelt besteht aus Tauben, dokumentarischem Material, wie auch Zeichnungen und Archivmaterial der Kunstgeschichte.

Zsuzsanna Ilijn has designed the logo and postcard for the exhibition and contributes her beautiful poster in public space to the exhibition ground. The postcard is printed on gras fibres which is very energy-and resource-efficient material that is fully recyclable. She tries to work as substainable as possible to save mother earth.

– DEUTSCH –

Zsuzsanna Ilijin hat das Erscheinungsbild der Auststellung entworfen und hat das Poster für die Ausstellung gestaltet das im Eingang des Ausstellungraumes zu sehen ist. Die Postkarte wurde so klimafreundlich wie möglich gedruckt, das Material ist aus Graspapier und ist sehr energieeffizient und ressourcenschonend und kann zu 100% recycled werden um Mutter Erde zu schonen.

Renate Liebel: Mutterkraut (Rabenmutterkraut)
Installation 2021, Keramik, Pappmaché, Flummis, Pflaster, PVC, Discoplättchen, Pflanzenblätter, -Blüten- Wurzeln, Sprühlack, Porzellan, Karton, Erde, Beton, 2021

Mutterkraut (english: Fever Few, original translation: “mother’s herb”) is a series of objects that takes the plant Tanacetum parthenium as  basis for an aesthetic- considerative research. So there is a plant named after mothers, used for centuries as a fever reducer, migraine fighter and abortifacient. A herb with many caring properties. Ones that are often associated with the demands placed on mothers. „Mother Herb“ is an exploration of functions and meanings of materials and plant processes. It’s also an exploration of expectations. It expands the spectrum of ways to read „mother,“ unites contrasts, brings together the unexpected and challenges notions.

– DEUTSCH –

“Mutterkraut“ ist eine Serie von Objekten, die die Pflanze Tanacetum parthenium als Grundlage einer ästhetisch- überlegenden Forschung nimmt. Schon seit Jahrhunderten als Fiebersenker, Migränebekämpfer und Abortivum benutzt, gibt es also eine Pflanze, die nach Müttern benannt ist. Ein Kraut mit vielen fürsorglichen Eigenschaften. Solche, die oft mit den Ansprüchen an Mütter verbunden werden.“Mutterkraut” ist eine Auseinandersetzung mit Funktionen und Bedeutungen von Materialien und pflanzlichen Prozessen. Eine Auseinandersetzung mit Erwartungen. Es erweitert das Spektrum der Möglichkeiten “Mutter” zu lesen, vereint Kontraste, führt Unerwartetes zusammen und stellt Vorstellungen infrage.

Marie Lienhard: Shared wings

Installation 2021, Carbon rods, latex balloons, helium, cord, swivel joint, weight

Size: Ø 4,5m x H 3m

Similar to a floating drawing in space, the thin carbon connecting rods are carried by black balloons filled with helium. Spheres, which are lighter than air, lift interconnected thin rods upwards, enabling them to float horizontally. The installation is reminiscent of Alexander Calder’s light mobiles, but in this arrangement, it is turned upside down and thus freed from its gravity. A balancing act against gravity becomes floating equilibrium. Only a small weight prevents the levitating installation from flying away. Even the slightest flow of air sets the installation in motion. The lines and spheres glide smoothly and harmoniously around each other, whereby it is left to chance whether random movements or moments of geometric harmony are to be seen. Beyond the astonishment at the strength in balance, vulnerability and lightness which the installation reveals about physical laws, ‘shared Wings’ also generates mental, and emotional associations of delicacy as an essential basis of the fragile interdependencies of all living beings.

– DEUTSCH –

Ähnlich einer schwebenden Raumzeichnung werden die dünnen Carbon Stäbe durch mit Helium gefüllte schwarze Latex Ballons getragen. Sphären, die leichter sind als Luft, heben miteinander verbundenen dünnen Stangen nach oben, damit sie horizontal schweben können. Die daraus entstehende Installation erinnert an die leichten Mobiles Alexander Calders, wird in dieser Anordnung jedoch auf den Kopf gestellt und damit von seiner Schwerkraft befreit. Aus einem Balanceakt gegen die Schwerkraft wird ein schwebendes Gleichgewicht. Lediglich ein kleines Gewicht verhindert das Abheben der schwerelosen Installation. Schon der leichteste Luftstrom versetzt die Installation in Bewegung. Fließend und harmonisch gleiten die Linien und Kugeln frei umeinander, wobei es dem Zufall überlassen bleibt, ob beliebige Bewegungen oder Momente geometrischer Harmonie zu sehen sind.Jenseits des Staunens über die Kraft in Balance, Verletzlichkeit und Leichtigkeit der physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die die Installation offenbart,  „shared Wings“ (geteilte Flügel)  erzeugt auch geistige und emotionale Assoziationen von Zärtlichkeit als wesentliche Grundlage in den fragilen Interdependenzen aller Lebewesen.

Katharina Pethke: Reproduktion/Reproduction

Artistic Research in Practise: Images for video 2021 

The correlation of a place and its different ideals. Or: How it is to be teaching artistic self-fulfillment in the very same room that I was born in. There is a maternity hospital next to the Art University in Hamburg, it is where my mother gave birth to me. Both buildings were from the same architect with a great vision from 100 years ago. (Male) artists were asked to place sculptures to illustrate the buildings’ functions. When the maternity hospital closed down (for neoliberal reason), artistic self-fulfillment moved in – in the form of seven different media schools. One of them being the institute that I work for: I am a professor in filmmaking at the University of Arts in Hamburg. The delivery room where I saw the light of day for the first time is now a modern cinema. On my way to work I pass by the ideal of a mother, engraved in stone: Day and night, sitting there bare naked, embracing her child selflessly. My own children being in daycare. Crying for their mother. Only their mother. I start investigating and the history of my family finally reveals beliefs and assumptions that kept women from doing what they really needed to be doing.

– DEUTSCH –

Künstlerische Forschung in der Praxis: Bilder für Video

Ein Ort in Verbindung zu seinen unterschiedlich besetzten Idealen. Oder: Wie es ist, Selbstverwirklichung genau dort zu lehren, wo ich geboren wurde. Neben der Kunsthochschule in Hamburg steht eine Frauenklinik – hier hat mich meine Mutter zur Welt gebracht. Beide Gebäude wurden von demselben visionären Architekten vor 100 Jahren entworfen und gebaut. (Männliche) Künstler wurden gebeten, Skulpturen zu platzieren, um die Funktionen der beiden Gebäude zu veranschaulichen. Als die Geburtsklinik (aus neoliberalen Gründen) geschlossen wurde, zog die künstlerische Selbstverwirklichung ein – in Form von sieben verschiedenen Medienschulen. Eines davon ist das Institut, für das ich arbeite: Ich bin Professorin für Film an der Hochschule für Künste. Der Kreißsaal, in dem ich zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte, ist heute ein modernes Kino. Auf dem Weg zur Arbeit komme ich also an einem in Stein gemeißelten Mutterideal vorbei: Tag und Nacht sitzt sie da und beschützt nackt und selbstlos ihr Kind. Meine eigenen Kinder sind in der Kita. Weinen um ihre Mutter. Nur ihre Mutter. Ich fange an zu recherchieren und kann schließlich den über Generationen hinweg reproduzierten Irrglauben der Frauen in meiner Familie benennen.

Lerato Shadi: Sugar & Salt

Videostill 2014 Courtesy die Künstlerin und Galerie blank projects, Kapstadt”

The video “Sugar & Salt” shows a mother and daughter who are licking sugar and salt from each other’s tongues. Sugar being licked and consumed off the mother’s tongue and salt off the daughter’s tongue. The backdrop is of a romanticized ornamental pattern. The scenery acts as a vanishing point for the camera lens, at the same time the pattern creates a border between the two generations. The video looks at inter-generational relationships and narratives while using two substances—one a carbohydrate and the other a mineral—that look the same but are structurally different to thematise the interaction off screen

– DEUTSCH –

Das Video „Sugar & Salt“ zeigt eine Mutter und eine Tochter, die sich gegenseitig Zucker und Salz von der Zunge lecken. Der Zucker wird von der Zunge der Mutter geleckt und verzehrt, das Salz von der Zunge der Tochter. Die Kulisse besteht aus einem romantisierten ornamentalen Muster. Die Szenerie dient als Fluchtpunkt für das Kameraobjektiv, gleichzeitig bildet das Muster eine Grenze zwischen den beiden Generationen. Das Video befasst sich mit den Beziehungen und Narrativen zwischen den Generationen und verwendet zwei Substanzen – ein Kohlenhydrat und ein Mineral -, die zwar gleich aussehen, aber strukturell unterschiedlich sind, um auf die Interaktion außerhalb des Screens hinzuweisen.

Nathalie Anguezomo Mba Bikoro:

I Go To Prepare A Place For You

Mixed media installation 2021

The work marks the movement of Black women soldiers prisoners in Germany in WWI and WWII who became mothers and wet nurses for German families. Often they would carry the children of their kidnappers and their infants would be snatched at birth for economical exploitation and echoes today  in colonial continuities. The work reflects on motherhood as revolt through complex lineage of trafficking, domestic service, joy, imperfections and archival transmissions. The yellow liquids inside the small bottles consists of the collected liquid residue of sheep’s wool used in childbirth by the artist’s great grandmother and grandmother during the occupation of Bitam (Gabon) by German troops. Each sample messages of words women were forced to speak during that occupation in 1890-1910’s. Glass jars are samples of containers used to collect milk of young mothers who appear in archival photographs often part of an underground system of trans-Atlantic movement and resistance.

– DEUTSCH-

Das Werk erinnert an die Bewegung schwarzer Soldatinnen, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg in Deutschland inhaftiert waren und zu Müttern und Ammen für deutsche Familien wurden. Oft trugen sie die Kinder ihrer Entführer bei sich, und ihre Säuglinge wurden ihnen bei der Geburt entrissen, um sie wirtschaftlich auszubeuten, was heute in kolonialen Kontinuitäten nachhallt. Die Arbeit reflektiert über Mutterschaft als Revolte durch die komplexe Geschichte von Menschenhandel, häuslichem Dienst, Freude, Unvollkommenheit und archivarischen Überlieferungen. Die gelbe Flüssigkeit in den kleinen Flaschen besteht aus den gesammelten flüssigen Rückständen von Schafwolle, die von der Urgroßmutter und Großmutter der Künstlerin während der Besetzung von Bitam (Gabun) durch deutsche Truppen bei der Geburt verwendet wurde. Jede Probe enthält Botschaften von Worten, die Frauen während der Besetzung in den Jahren 1890-1910 zu sprechen gezwungen waren. Die Glasgefäße sind Muster von Behältern, die zum Sammeln der Milch junger Mütter verwendet wurden, die auf Archivfotos zu sehen sind, die oft Teil eines Untergrundsystems der transatlantischen Bewegung und des Widerstands sind.